von Christine Tettenhammer

Nicht nur für den biblischen Turmbau zu Babel wären die Kenntnisse mehrerer Fremdsprachen von Vorteil gewesen.
Auch heute, in einer immer weiter zusammenwachsenden Welt,
reicht es bei weitem nicht mehr aus nur eine oder zwei Sprachen zu verstehen und zu sprechen.
Die Fähigkeit mehrere Fremdsprachen zu beherrschen nennt man
Polyglottie (oder auch Mehr- bzw. Vielsprachigkeit).
Im Lauf der Jahrhunderte hat die Menschheit immer wieder Hochbegabte hervorgebracht,
die nicht eine, nicht zwei, nicht drei, sondern wirklich viele Sprachen sprechen konnten.
Inbegriff für eine solche Sprachbegabung ist der Italiener Giuseppe Caspar Mezzofanti (1778 - 1849).
Er lehrte in Bologna als Professor für Arabistik und war gleichzeitig Kardinal.
Später wurde er nach Rom als Gesandter der „Kongregation der Evangelisierung der Völker“ geschickt.
Es heißt, er habe 38 Sprachen und 40 Dialekte beherrscht.
20 der Sprachen beherrschte er wirklich fließend.
Heute findet man im Guinnessbuch der Rekorde als lebenden Rekordhalter für Mehrsprachigkeit Ziad Youssef Fazah.
Ziad Youssef Fazah – der Rekordhalter in Mehrsprachigkeit
Geboren wurde Ziad Fazah am 10.Juni 1954 in Monrovia, der Hauptstadt des westafrikanischen Staates Liberia.
Kurz nach seiner Geburt zog die Familie um nach Beirut, der Hauptstadt des Libanon.
Dort wuchs Fazah auf und lernte in der Schule Arabisch, Französisch und Englisch.
Mit elf Jahren beschloss er, alle Sprachen der Welt zu lernen und fing an, sich Deutsch im Selbststudium beizubringen.
Mit 14 beherrschte Fazah die wichtigsten Welt-Sprachen fließend.
Danach machte er immer weiter und weiter mit dem Sprachenlernen.
Heute versteht und spricht er 58 Sprachen der Welt.
Mit 18 Jahren zog seine Familie um nach Brasilien, wo Fazah heute noch mit seiner Familie lebt.
Er unterrichtet als Sprachenlehrer in Rio de Janeiro.
Fazah schafft es innerhalb von zwei bis drei Monaten circa 3.000 Wörter zu lernen.
Wenn er eine neue Sprache lernt, geht er nach einer ebenso einfachen, wie erfolgreichen Methode vor.
Fazahs Methode

Und so geht Ziad Fazah vor, wenn er wieder eine neue Sprache lernt:
Er versucht jeden Tag mindestens 30 Minuten lang Tondokumente in der neuen Sprache zu hören.
Das können Radiosendungen oder Fernsehprogramme in der Fremdsprache sein.
Gerade am Anfang versucht er, sich durch intensives Zuhören schnell in das Lautsystem der neuen Sprache einzugewöhnen.
In der Regel kennt er nach einer Woche das Lautsystem der Sprache und das Inventar der Töne.
Gleichzeitig beschäftigt er sich täglich eine halbe Stunde mit der geschriebenen Sprache.
Er schreibt und lernt Vokabeln.
Ganz wichtig ist für Fazah eine dritte tägliche Übungseinheit:
Er versucht mindestens eine Viertelstunde lang die Sprache laut zu sprechen.
Dabei liest er Zeitungsanzeigen, Texte, Gedichte – wichtig ist für ihn dabei nur, dass er alles
laut ausspricht.
Nach den ersten drei bis sechs Monaten stellt sich bei Fazah in der Regel der Lernerfolg ein und er kann die Sprache lesen, verstehen und sprechen.
Neben Fazah hat die Geschichte noch zahlreiche andere interessante Persönlichkeiten hervorgebracht, die sich als polyglott bezeichnen dürfen.
Berühmte Polyglotte
Der berühmte englische Afrikaforscher Sir Francis Burton (1821 – 1890) war ein ganz besonderes Sprachtalent:
Er lernte neben seiner Muttersprache Englisch für damalige Zeiten so exotische Sprachen wie Hindi, Gujarati, Punjabi, Persisch, Arabisch und Suaheli.
Er übersetzte zum Beispiel
Tausendundeine Nacht und das
Kamasutra ins Englische.
Heinrich Schliemann (1822 – 1890) hatte ebenfalls ein Händchen für Sprachen:
Verarmt und nach einer gescheiterten Auswanderung nach Venezuela (bei der er im wahrsten Sinne des Wortes Schiffbruch erlitten hatte),
begann er schnell und mit großem Erfolg Fremdsprachen zu lernen.
Neben Deutsch lernte er Niederländisch, Italienisch, Spanisch und Portugiesisch und brauchte dafür nur knapp ein Jahr.
Nachdem er auch noch Russisch gelernt hatte,
schickte ihn sein Arbeitgeber nach St. Petersburg, wo er erfolgreich ein Handelskontor eröffnete und leitete.
John Ronald Reuel (J.R.R.) Tolkien – er lebte von 1892 bis 1973 – konnte nicht nur neun Sprachen
und interessierte sich für englische Dialekte, er erfand auch eigene Sprachen.
In seinem Roman
Der Herr der Ringe sprechen zum Beispiel die Elben
Quendya, später
Quenya oder
Sindarin.
Der deutsche Sinologe Emil Krebs hat sich im Lauf seines Lebens mit 111 Sprachen beschäftigt.
Schon als er sein Abitur ablegte, beherrschte er zwölf Sprachen.
Sein Chinesisch war so gut, dass ihn chinesische Linguisten zu Rate zogen,
wenn sie Fragen in Bezug auf die Grammatik des Hochchinesischen hatten.
Wussten Sie, dass Papst Benedikt XVI. über zehn Sprachen spricht?
Auch sein Vorgänger, Papst Johannes Paul II. konnte elf Sprachen.
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