von Christoph Gollub
 
 
 
In diesem Blog-Artikel möchten wir Ihnen zeigen, welch beachtlichen Eindruck das Jiddische auf unsere alltägliche Sprache hinterlassen hat. 
 
 
Redensarten jiddisch-hebräischen Ursprungs im Deutschen
In unserem Sprachgebrauch verwenden wir eine Vielzahl an Begriffen und Sprichwörtern, die über das Hebräische und schließlich 
das Jiddische Eingang in die deutsche Sprache gefunden haben. 
 
Man schätzt, dass der aktive Wortschatz im Deutschen bis zu 100 
Redewendungen und Wörter enthält, die jiddisch-hebräischen Ursprungs sind. Vor allem in Dialekten lassen sich noch viele weitere 
Wörter jiddischer Herkunft finden, die aber außerhalb der Region, in der sie gesprochen werden, oft nicht mehr verstanden werden. 
 
Beispiele hierfür sind etwa das wienerische 
Beisl (Kneipe, vom jiddischen Bajis für Haus) oder der österreichische 
Haberer 
(Freund, vom hebräischen 
Chawer).
 
Bei vielen der Jiddismen im Deutschen ist der Ursprung dabei auf den ersten Blick kaum mehr ersichtlich. Bei anderen wiederum ist 
ihre hebräische Herkunft noch gut erkennbar.
 
Zunächst wollen wir die Aufmerksamkeit auf die letztere Gruppe werfen. So sprechen wir von dessen 
Chuzpe, wenn wir 
jemanden einer gewissen Dreistigkeit oder Unverfrorenheit bezichtigen. 
 
Oder jemand sei 
meschugge, wenn man ihn für 
verrückt hält, man redet 
Tacheles, wenn man Klartext spricht (Jiddisch: 
Tachles – zweckmäßiges Handeln) oder 
bezeichnet scherzhaft oder abfällig eine Familie als eine 
Mischpoke (Hebräisch: Mischpacha). 
 
Gleichfalls verwenden wir den Begriff 
Tohuwabohu, wenn wir ein großes Durcheinander benennen möchten und beziehen uns dabei 
indirekt auf das Chaos vor der biblischen Schöpfung. 
 
Auf der anderen Seite gibt es eine ganze Reihe an Redewendungen, die ihre jiddische oder hebräische Herkunft kaum mehr erkennen 
lassen. Manche hiervon sind Verballhornungen jiddischer Sprichwörter, bei anderen wiederum liegt oft auch schlicht ein 
Missverständnis zugrunde, also ein falsches Verstehen der jiddischen Sprache. 
 
Eine Reihe dieser Redewendungen möchten wir Ihnen nun vorstellen und erklären, auf welchem Wege sie ins Deutsche gelangt sind.
 
Hals- und Beinbruch
 
... so wünscht man einander spaßeshalber viel Erfolg, etwa vor Prüfungen, oder Wettbewerben. Viele wissen nicht, dass diese 
Redensart aus dem Hebräischen – über das Jiddische – in die deutsche Sprache eingegangen ist. Ursprung hiervon ist das hebräische 
Hazlacha uWracha, was „Erfolg und Segen“ bedeutet. 
 
Im Jiddischen sprach man dies 
Hasloche uBroche aus und  
besiegelte mit diesem Spruch ein erfolgreich abgeschlossenes Geschäft. Durch Missverstehen wurde schließlich hieraus der 
sprichwörtliche Hals- und Beinbruch.
 
Guten Rutsch
 
Dieser Silvesterwunsch entspringt weniger den Temperaturbedingungen zum Jahreswechsel und der damit eingehenden Straßenglätte, 
sondern vielmehr dem hebräischen 
Rosch haSchana, welches der Begriff für Neujahr ist. Im Jiddischen wurde aus 
Rosch 
(hebräisch für Anfang) der Neujahrsgruß „Guten Rusch“, also der Wunsch nach einem guten Jahresbeginn.
 
Der Pleitegeier
 
Bei diesem Sprichwort denken die meisten Menschen, dass seine Herkunft scherzhaft vom Bundesadler hergeleitet ist, der auf den 
Pfandsiegeln von Gerichtsvollziehern abgebildet ist. Richtig ist allerdings vielmehr, dass dieses Wort ebenfalls seinen Ursprung 
im Jiddischen hat. 
 
So war der 
Plejte Gejer jemand, der auf der Flucht vor seinen Schuldnern war (Plejte = Flucht, Gejer = Geher, 
Läufer). Durch falsches Verstehen wurde daraus dann schließlich der Pleitegeier, der in weiterer Abwandlung sogar irgendwann damit 
begann, über den verschuldeten Menschen sprichwörtlich zu kreisen. 
 
Es zieht wie Hechtsuppe
 
Auch diese auf den ersten Blick unsinnige Redewendung, die meist verwendet wird, wenn der Wind durch undichte Fenster zieht, 
hat sprachgeschichtlich ihren Ursprung im Jiddischen. Dort meint 
ech Suphe „wie Sturm“, was sicherlich auch stimmiger erscheint 
als eine Fischsuppe. 
 
Schmiere stehen
 
Wer als Kind vielleicht nicht ganz so mutig war wie seine Freunde, die jemandem einen Streich spielen wollten, der musste Schmiere 
stehen, also aufpassen, dass niemand die anderen überraschte.
 
Die Schmiere hat dabei jedoch, außer dem Klang nach, nichts mit dem 
deutschen Wort „schmieren“ gemein, sondern leitet sich vom hebräischen 
Sch'mira (Jiddisch: 
Schmire) ab, was Wache bedeutet. 
 
Weitere Jiddismen
 
Neben diesen Redensarten gibt es eine Vielzahl weiterer Entlehnungen aus dem Jiddischen bzw. Hebräischen.
 
So entstammt 
beispielsweise auch das deutsche Wort Knast dem hebräischen 
Knas (Strafe), das scherzhaft-abwertende Wort für ein Dorf, Kaff, 
leitet sich wiederum von 
Kafar ab (Hebräisch für Dorf) oder der Ganove vom hebräischen 
ganaw (stehlen). 
 
Aber auch der sprichwörtlich betuchte Mensch hat seinen Ursprung nicht etwa, weil seine Kleidung aus kostbarem Tuch hergestellt 
wäre, sondern vom jiddischen 
betuach (verlässlich, zahlungsfähig). 
 
Auch wenn jemand einen Reibach macht, bezieht er sich 
indirekt auf das hebräische Wort 
Rewach (Gewinn). Verliert dieser Jemand aber all sein Geld, so steht er vor einem gewaltigen 
Schlamassel (Jiddisch 
Schlimassel: Unglück).
 
Wenn Sie noch mehr über Sprichwörter erfahren wollen oder wissen möchten, wie Sprichwörter unseren täglichen Sprachgebrauch in allen Kulturen
beeinflussen können, werden Sie in unserer Blogserie über die 
Sprichwörter der Welt fündig.
Dort finden Sie interessante Artikel, aus denen Sie sicher das ein oder andere Erstaunliche über 
französische, 
italienische oder
kroatische Sprichwörter erfahren werden.